Author Archive Silke Voss-Kyeck

Wieder in Präsenz

Die Mitglieder des Ausschusses gegen das Verschwindenlassen konnten erstmals wieder in Präsenz zusammenkommen, wenn auch mit viel Distanz im riesigen Raum. Ich habe mich gefreut, die neugewählten Kolleg*innen aus Ecuador und Albanien kennenzulernen und mit allen persönlich zwei Wochen intensiv arbeiten zu können. In unserer Herbstsitzung vom 13. bis 24. September haben wir u.a. mit Regierungsvertreter*innen von Brasilien, Panama, Frankreich und Spanien diskutiert, wie in diesen Ländern jeweils die Konvention gegen das Verschwindenlassen umgesetzt wird, und Empfehlungen ausgesprochen.

Besonders beeindruckt hat mich Amina Janjua Masood aus Pakistan, die seit 16 Jahren nach ihrem gewaltsam verschwundenen Mann sucht und sich mit vielen anderen Angehörigen vernetzt und eine eigene Organisation gegründet hat, um gegen das gewaltsame Verschwindenlassen zu kämpfen. Wir haben ihren Einsatz – stellvertretend für so viele – besonders gewürdigt und an Pakistan appelliert, möglichst bald der Konvention beizutreten.

Ich selber werde künftig als Vizepräsidentin des Ausschusses gegen Verschwindenlassen noch mehr Verantwortung für dessen Arbeit übernehmen. Detaillierte Informationen zur vergangenen Sitzung finden Sie auf der Ausschusswebseite.

Auszeichnung mit dem Kultur- und Ehrenpreis des Verbands der Sinti und Roma

Die Lebensbedingungen der europäischen Sinti und Roma und die Bekämpfung des fortdauernden Antiziganismus in Deutschland und Europa sind mir seit vielen Jahren ein besonderes Anliegen.  Trotz verschiedener Fördermaßnahmen von EU und Mitgliedstaaten zur sozialen Integration von benachteiligten Roma in Europa, sind viele Roma in Europa weiterhin Armut, sozialer Ausgrenzung, Diskriminierung und gewalttätigem Rassismus ausgesetzt.

Der Landesverband Baden-Württemberg der Sinti und Roma hat mich dem Kultur- und Ehrenpreis im Bereich Politik ausgezeichnet. Es war mir eine große Ehre, diesen Preis am 20. September entgegen zu nehmen. Der SWR berichtete darüber und die Rhein-Neckar-Zeitung hat mich zur Situation der Sinti und Roma interviewt.

Als Europaabgeordnete habe ich 2017 eine Publikation mit herausgegeben, deren Erkenntnisse und Forderungen – leider – auch heute noch weitgehend aktuell sind.

Konferenzvideo: Prohibition, Prosecution and Prevention of Enforced Disappearances

Virtuell in Nürnberg diskutierten am 7./8. Mai 2021 die Teilnehmer*innen einer internationalen Konferenz über das gewaltsame Verschwindenlassen. Dabei standen drei Schlüsselthemen in der aktuellen Debatte im Fokus: neue Formen der Begehung des Verschwindenlassens, staatliche Pflichten bei der Untersuchung und Verhinderung des Verschwindenlassens und die Strafverfolgung des Verbrechens auf internationaler und nationaler Ebene.

Ich habe ein Panel zum Verschwindenlassen im Kontext von Migration und Flucht moderiert und wichtige Einblicke bekommen von mit Grazyna Baranowska, die seit längerem wissenschaftlich zu diesem Thema arbeitet, und Ana Lorena Delgadillo Pérez, die sich in Mexiko gegen das Verschwindenlassen von Migrant*innen engagiert.

Die Konferenz ist auf der Webseite der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien dokumentiert, mein Panel kann auch hier noch einmal angeschaut werden.

64 sind nicht genug

Erst 64 Staaten haben die Internationale Konvention zum Schutz aller Personen vor dem gewaltsamen Verschwindenlassen ratifiziert. Warum es umbedingt mehr werden müssen, habe ich in diesem Kommentar zum Internationalen Tag der Verschwundenen ausgeführt. Es gibt es keinen ernsthaften Grund für Staaten, die Konvention nicht zu ratifizieren – es sei denn, sie wollen Verschwundene nicht suchen, Angehörige nicht unterstützen und die Verantwortlichen ungestraft davonkommen lassen.

Historische Entscheidung in Mexiko

Der Oberste Gerichtshof von Mexiko hat im Juni 2021 entschieden, dass die Dringlichkeitskeitsaktionen des UN Ausschusses gegen das Verschwindenlassen (CED) verbindlich gelten. Dieses Urteil bedeutet, dass alle betreffenden staatlichen Institutionen den Aufforderungen des CED nachkommen und sorgfältig nach verschwundenen Personen suchen und Verantwortliche ermitteln müssen. Dies ist vor allem für die vielen Tausend Angehörigen verschwundener Menschen eine wichtige Bestätigung der Verpflichtungen, die Mexiko mit der Ratifikation der UN Konvention gegen das Verschwindenlassen eingegangen ist.

Die Bedeutung dieses Urteils für den internationalen Menschenrechtsschutz erläutert Gabriela Citroni in diesem Beitrag: Der Oberste Gerichtshof stellte fest, dass die Verpflichtung zur Suche nach einer verschwundenen Person und die entsprechenden Ergebnisse der Ermittlung zum Kernbereich des unumstößlichen Rechts jeder Person gehören, nicht Opfer von Verschwindenlassen zu werden (Art. 1 ICPPED).

Gegenstand des Urteils war das gewaltsame Verschwinden von Víctor Álvarez Damián am 11. Dezember 2013 in Veracruz. Die Klage war eingereicht worden von der NGO „i(dh)eas – Strategic Human Rights Litigation“ in Vertretung für die Mutter von Víctor Álvarez Damián, nachdem in früheren Instanzen die Rechtsverbindlichkeit bestritten worden war.

Im Rahmen der sogenannten Dringlichkeitsaktionen können Familienangehörige oder Personen mit einem „berechtigten Interesse“ den CED um Unterstützung bei der Suche nach einem verschwundenen Menschen bitten. Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat zu umgehenden Suchmaßnahmen auf und fragt bei den Behörden so lange nach Art und Umfang der eingeleiteten Ermittlungen, bis die betroffene Person gefunden ist. Falls nötig wird der Staat auch aufgefordert, für Familienangehörige oder Zeugen Schutzmaßnamen zu erlassen. In über 400 solcher Fälle aus Mexiko konnte das Schicksal der Verschwundenen bisher nicht geklärt werden. Entsprechend groß sind nach dem Gerichtsentscheid nun die Hoffnung auf verstärkte Bemühungen der mexikanischen Behörden um Aufklärung.

Sommerwanderung im Ammergebirge

Riesige alte Bäume, große Artenvielfalt, wilde Flusslandschaften und Schluchten gibt es im bayerischen Ammergebirge. Dieses größte Bergmischwaldgebiet in Deutschland auf Kalkboden ist noch wenig besiedelt und von Straßen weitgehend unzerschnitten. Es soll deshalb Nationalpark werden. Dafür setzt sich der Förderverein Nationalpark Ammergebirge seit langem ein und ich unterstütze dieses Anliegen sehr.

Mit dessen Vorsitzenden Hubert Endhardt und dem forstpolitischen Sprecher der Grünen Landtagsfraktion Hans Urban konnte ich Anfang August auf einer informativen Wanderung in die Schönheit eines besonderen Gebirgswaldes eintauchen.

Grüner Menschenrechtsempfang

Unter dem Motto „Menschenrechte brauchen Menschen, die sich für sie einsetzen“ luden Margarete Bause, grüne Bundestagsabgeordnete aus München, und ich am 28. Juli Engagierte und Interessierte zu einem digitalen Menschenrechtsempfang ein.

Mit rund 35 Teilnehmer*innen diskutierten wir über die Situation in Belarus, über die zivile Seenotrettung auf dem Mittelmeer und die Abschottungspolitik der EU, gerechte Impfstoffverteilung, deutsche Politik gegenüber China, menschenrechtliche Entwicklungen in den Vereinten Nationen und eine Menge weiterer Fragen. Nicht alle konnten wir beantworten, aber es wurde schnell klar, dass dem nächsten Bundestag und der nächsten Bundesregierung – hoffentlich mit grüner Beteiligung – die menschenrechtlichen Aufgaben nicht ausgehen werden.

Wie hält es Deutschland mit den Menschenrechten…

… zuhause und in der Welt? Um dieser Frage ging es im Dossier Politik des Bayerischen Rundfunks am 16. Juni 2021. Ich war als Studiogast eingeladen und wurde gefragt, ob die Bundesregierung gegenüber China deutlicher positionieren müsste, wie wirkungsvoll Sanktionen gegen die Militärregierung Myanmars sein können und wie die Menschenrechtsbilanz Deutschlands aus der Sicht Geflüchteter oder Arbeiter in der Fleischindustrie  aussieht. Ein breites Themenspektrum – es lohnt sich sehr, die Sendung im Podcast nachzuhören.

Neue Mitglieder für CED gewählt

Der Ausschuss gegen das Verschwindenlassen wird seine nächste Sitzung im September in neuer Zusammensetzung durchführen. Da für fünf Mitglieder ihr Mandat endet, mussten Nachfolger*innen gewählt werden. Mohammed Ayat aus Marokko, Milica Kolakovic-Bojovic aus Serbien und Horacio Ravenna aus Argentinien wurden für eine zweite Amtszeit gewählt. Aus Ecuador wird Juan Alban-Alencastro künftig mitarbeiten und aus Albanien kommt Janina Suela zurück. Sie war bereits bis 2019 Ausschussmitglied und zuletzt auch dessen Vorsitzende. Es wird also mehr personelle Kontinuität geben als 2017, als mit mir fünf ganz neue Mitglieder in den 10köpfigen Ausschuss kamen. Die nächsten Wahlen stehen nun 2023 an, dann endet auch meine erste Amtszeit.

Gewählt werden die Ausschussmitglieder von den 63 Staaten, die die Konvention gegen das Verschwindenlassen ratifiziert haben. Die Mitglieder werden jeweils für vier Jahre gewählt und können dann einmal wiedergewählt werden. Sie werden zwar von „ihren“ Staaten nominiert, sind mit der Wahl aber von Weisungen unabhängige Expert*innen.

Rückblick auf die 20. Sitzung des CED

Wie sind Menschen in Kolumbien, in der Mongolei und in der Schweiz vor dem gewaltsamen Verschwindenlassen geschützt? Wie werden Fälle aufgeklärt und Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen? Dis hat der Ausschuss gegen das Verschwindenlassen in seiner 20. Sitzung vom 12. April bis 7. Mai 2021 überprüft, sich mit NGOs ausgetauscht und eine ganze Reihe weiterer Themen beraten und entschieden. Mein Rückblick auf die Sitzung ist auf der Webseite der Koalition gegen Verschwindenlassen zu lesen.