Wenn die Zeiten unsicher sind, müssen wir umso mehr auf die Institutionen vertrauen können, die unsere Menschenrechte sichern. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg ist solch eine Institution. Er soll die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention sicherstellen, die vor 75 Jahren vom Europarat beschlossen wurde.
Anlässlich dieses Jubiläums hatte die Bundesjustizministerin am 21. November zu einer hochrangig besetzten Abendveranstaltung ins BMJV eingeladen. Der Präsident des EGMR, Mattias Guyomar, betonte in seiner Rede, die Konvention „schützt uns und unsere gemeinsamen Werte“ und deshalb haben wir „eine gemeinsame Verantwortung, die Konvention zu schützen“. Die Ministerin hob hervor, dass die Urteile des EGMR immer wieder individuelle Rechte und rechtsstaatliche Prinzipien bekräftigt haben.
Politische Kritik an einzelnen Urteilen ist nichts Ungewöhnliches. Die Angriffe gegen den EGMR der letzten Monate verlangen jedoch höchste Wachsamkeit. Insbesondere der Aufruf von neun europäischen Staats- und Regierungschefs, der EGMR müsse seine Entscheidungen mehr den politischen Interessen im Migrationskontext anpassen, ist völlig inakzeptabel. Die Politik muss umsetzen, was Gerichte auf Grundlage von Gesetzen entscheiden – nicht umgekehrt. Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, machte in der Diskussion sehr deutlich, dass solch ein politischer Druck auf unabhängige Gerichte eine ernste Bedrohung für die Gewaltenteilung ist.